Sawadee kha

Hallo aus Thailand! 

Nachdem ich in Kambodscha von der paradiesischen Insel Koh Rong Sanloem nach Shinoukville übergestzt bin habe ich dort 2 Nächte verbracht.
Ich hab es ruhig angehen lassen. Ich habe etwas Ruhe gebraucht weil ich mehr erlebe, mehr Geschichten höre, mehr Leute kennenlerne und mehr sehe als ich verarbeiten kann.
Völlig planlos bin ich am Morgen nach meinem Anreisetag in Shinoukville drauf los gelaufen. Wieder war es bewölkt. Soll mir recht sein. So schwitze ich mal erst nach 20 Metern und nicht schon nach 10.
Bis ich am Strand ankam sind 1,5 Stunden vergangen. Ich war 18 Dollar ärmer, dafür 2 Kleider, 2 Magnete und eine Coke reicher.
Ja was soll ich sagen…als ich den Strand erreichte gefiel mir gar nichts. Ein Liegestuhl neben dem anderen, Musik dröhnt aus den Bars und der leichte Regen tut sein übriges. Hier will ich nicht bleiben. Ich habe Hunger und möchte etwas zu Mittag essen.

Meine Flipflops ziehe aus, so läuft es sich im Sand besser! Ich hab nur zwei Möglichkeiten. Rechts oder links. Ich nehme links.
Ich spaziere am Strand entlang, an unzähligen Bars die alle nicht besucht sind. Es sind fast ausschließlich Landsleute unterwegs. Jeder möchte meine Nägel neu lackieren oder bietet mir eine Pediküre an. Ich lehne konsequent aber freundlich ab.
Der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen ist ja bekanntlich ein Lächeln. Ich bin freundlich, Kambodscha ist freundlich und so gehe ich nicht nur den langen Weg entlang des Strandes sondern auch viele kurze Wege mit anderen Menschen.

Irgendwann ändert sich mein Ausblick und die Atmosphäre. Lokals verkaufen kleine gegrillte Tintenfische?! Ich glaube, dass es welche sind. Ich mag das nicht deshalb kenne ich mich damit nicht aus. Die Frauen haben kleine Feuerschaden vor sich stehen und grillen darauf. Aber der Geruch, der gefällt mir.
Das erste Mal in Kambodscha. Ich habe kein anderes Land bereist, das mehr stinkt als Kambodscha. Es stinkt überall, aber in jeder Ecke anders.

Ich gehe weiter. Aus dem vom Meer angespülten Müll fischt eine Frau einen kaputten Ball den sie ihrem Kind zum spielen gibt.
Unzählige dieser alten Holzklappliegen stehen am Strand. Solche mit einem verblassten Coka Cola Aufdruck. Der Lack ist größtenteils abgeblättert und die ursprüngliche Farbe nur zu erahnen.
Eine Frau sitzt vor ihrer Obstschale, voll mit Früchten, die sie verkaufen möchte. Sie bietet mir eine Mango an. Sehr verlegen. Ich mag Mangos aber eben nicht so gerne. Aber dann passiert es. Zum ersten Mal auf dieser Reise kaufe ich etwas, das ich eigentlich nicht will. Die Frau hat keine Zähne. Ein Anzeichen dafür, dass sie wirklich kein Geld hat. Und obwohl ich keine Mange will, nehme ich eine. Sie schält sie sehr geduldig, sie lächelt mich dabei an. Ich lächel zurück und wieder ein kurzer Weg der Zwischenmenschlichkeit den wir beide gegangen sind. Zu der hübsch portionierten Mango bekomme ich etwas Chilisalz als Dip. Ich frage die Frau nicht was die Mango kostet. Ich gebe ihr das Geld, das mir die Mango in dem Moment wert ist.

Mit meiner kleinen Tüte voller Mango Stücke gehe ich weiter. Ich brauche noch einen schönen Platz um sie zu essen. Ich erreiche ein verlassenenes Haus. Ein verlassenes offizielles Gebäude. Ich finde nicht heraus was es einst war. Davor stehen kleine Holztische die beinahe in sich zusammen fallen. Mit Plastikstühlen die einst mal rot und blau gewesen sein müssen. Es laufen Hühner umher.

Im angrenzenden Haus, eher eine Hütte, verkauft eine Frau Getränke. Ich möchte ein Wasser. 100 Riel soll ich bezahlen. In gabz Kambodscha hab ich keins zuvor für unter 50 Cent (2000 Riel) bekommen. Langsam wird mir klar wo ich angekommen bin. Und das meine ich nicht geographisch. Ich brauche auch noch ne Coke und frage auch diesmal nicht was das zusammen macht. Ich gebe das, was mir eine Coke und ein Wasser wert ist. Auf einem der ehemals roten Stühle nehme ich Platz, trinke meine Coke und esse meine Mango. Mit Chilisalz. Und diese eine Mango, sie schmeckt eigentlich gant gut.

Ich habe das schönste Essen meines Lebens. Um mich herum laufen Hühner und bestaunen mich neugierig. Die Muschel zu meinen Füßen packe ich als Andenken an diesen wunderbaren Moment der Friedlichkeit ein.
Von meiner Mango haben die dürren Hühner etwas abbekommen.

Als ein Mann an mir vorbei kommt möchte ich fragen was es mit dem verlassenen Gebäude auf sich hat. Das Dach ist teilweise schon eingefallen. Er versteht mich nicht aber bedeutet mir ihm zu folgen. Er zeigt mir voller Stolz sein kleines, uraltes, halb zerfallenes Gebetshäuschen. An vielen Ecken findet man diese Miniaturtempel in denen Räucherstäbchen brennen und Opfergaben niedergelegt werden. Der Mann ist so stolz und sein Grinsen so breit, dass auch hier deutlich wird, dass er keinen einzigen Zahn mehr hat. Ich drehe eine Runde um das große Gebäude und finde einen Hinweis, dass es mal eine Polizeistation gewesen sein muss.
Die vergitterten Fenster unterstreichen meinen Verdacht.

Ich gehe wieder heim. Also zurück. Dahin wo ich hergekommen bin, in mein Hostel. Unterwegs überschlagen sich meine Gedanken. Die Menschen die ich heute getroffen habe, die haben nichts. Aber sie wirken so viel glücklicher als wir, die, die alles haben. Liebes Mittelmaß, wo bist du? Die Welt braucht dich. Wo ist die Schnittstelle zwischen Gleichberechtigung und Gerechtigkeit. Es gibt keine Antwort. Alles was ich euch sagen kann ist, dass man das Glück nicht in dem findet was man erreicht. Glück ist nicht messbar. Diesem Irrsinn geben sich leider ja noch immer viele Leute hin. Warum fühlt es sich so an, dass eine Familie in einer Wellblechhütte glücklicherist als wir? Die westliche Welt hat einen anderen Ansatz. Meine Gedanken überschlagen sich wieder. Mir hat noch nie jemand so voller Stolz eine Mango, ein Wasser und eine Coke verkauft.

Am nächsten Morgen bin ich aufgebrochen nach Thailand. Erst 5 Stunden Busfahrt in Kambodscha, dann bin ich über Land nach Thailand eingereist und weiter ging es mit dem Minivan und anschließend mit der Fähre. Diesmal zum Glück ein dicker Dampfer den 3 Wellen nicht aus der Ruhe bringen konnte. Glück gehabt.  An der Grenze habe ich eine Zeitreise gemacht. Um mindestens 20 Jahre. In dem Moment als ich aus Kambodscha aus und nach Thailand einreiste.  Innerhalb von ein paar Minuten. Thailand so viel fortgeschrittener. Und den Unterschied Thailand-Deutschland fand ich bis dato schon enorm im Vergleich. Kambodscha ist so viel ärmer. Und der Unterschied zu Deutschland gewaltig . 

Gestern bin ich nun auf Koh Chang angekommen und sitze nun in einer Strandbar. Hier ist es chic, ich liege auf nem Holzpodest, trinke Bier, schaue aufs Meer und höre chillige Musik aus dem Hintergrund. Ich trage eines meiner neuen Kleider. Klingt alles cool, ne?

Ist es aber nicht. Lieber würde ich mit den nackten Beinen im Sand sitzen und Bier aus Dosen trinken. Mit Euch!

Ps. es gibt ja diese Geschichten , dass das Gepäck der Touristen in den Reisebussen heimlich durchsucht wird. als ich meinen Rucksack an der Grenze bekam waren alle Schnallen offen. Es ist also scheinbar kein Gerücht . Meine Wertsachen hatte ich alle im Handgepäck. Ha! Da gab es nichts zu holen in meinem Rucksack. Alles uninteressant gewesen scheinbar, alle Unterhosen und Bikinis sind noch da. Aber was noch schlimmer war: im Gepäckfach des Busses ist irgendwas ausgelaufen . Kühlflüssigkeit vielleicht?! Mein Rucksack samt Inhalt war triefend nass. Gestern musste ich alles erstmal zum waschen geben. Ich hatte nur noch das, was ich während der Fahrt am Leib trug. Natürlich war nur ein Rucksack offen und nass. Meiner! Seit heute mittag hab ich endlich wieder was zum anziehen ! Der Wäscheservice im Hostel hat ganze Arbeit geleistet.


2 Gedanken zu “Sawadee kha

  1. Ich glaube so viel Armut zu sehen ist nicht leicht zu verkraften. Aber ich glaube diese Menschen sind glücklicher als wir. Wir streben nach Ansehen und Geld. Das ist der westliche Maßstab. In diese Welt wurden wir hineingeboren und können uns auch kein anderes leben vorstellen weil wir so konditioniert wurden.

    Weiterhin schönen Urlaub und lass mal sie Seele baumeln.

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