Weiter geht’s nach Koh Rong Sanloem 

 

Gestern bin ich angekommen. Auf Koh Rong Sanloem. Ich stelle langsam fest, dass die Fortbewegung von A nach B in Kambodscha sehr abenteuerlich ist. Egal welches Transportmittel man wählt.
Ich habe gestern den Minivan genommen. Dieser hat mich gegen 8 Uhr im Hostel abgeholt. Prima, das hat dieses mal gut geklappt. Dieses Mal hatte ich meinen Sitz ganz für mich alleine, kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen.
Der Minivan verfügte über 10 Sitze. 6 Amerikaner/innen saßen schon drin, ich war Nummer 7.
An einer Straßenecke hielten wir noch einmal kurz an und 3 Kambodschaner stiegen zu uns ein. Der Mann nahm mit dem Mädchen vorne Platz, die Frau nahm den letzten freien Platz neben mir.
Gepäck haben die 3 keines bei sich. Jedenfalls kein nennenswertes. Die Frau stellt eine Tüte vor sich auf dem Boden ab. Und dann rieche ich es. Es stinkt nach Staudensellerie. Na großartig. Ich hasse den Geruch von Staudensellerie, so lecker es auch ist. Ich denke kurz darüber nach, dass die Fahrt 5 Stunden dauern wird. Wer nimmt den bitte nichts mit auf eine 5 stündige Busfahrt außer Staudensellerie oder etwas das wie solcher riecht.
Vor knapp 15 Jahren habe ich neben der Schule beim Edeka gearbeitet. Schon damals hab ich die Leute gehasst die Sellerie in allen Formen kauften. Immer wenn ich es an der Kasse dann über den Scanner zog haben meine Hände den ganzen Tag danach gerochen.

Die Straße die wir nehmen ist einspurig in beide Richtungen. Neben uns und anderen Minivans sind vereinzelte Roller, LKWs, und sonstige Gefährte unterwegs. Mit sonstige Gefährte meine ich z.B. so eins mit Motor, einem Gitteranhänger und beladen mit riesigen Schweinen. Lebenden Schweinen die vermutlich gerade dicken Sonnenbrand bekommen.

Da jedes dieser Gefährte ein anderes Maximaltempo hat besteht meine Fahrt aus einem ständigen Wechsel zwischen Vollgas und Vollbremsung. Erst drückt unser Fahrer das Gaspedal durch zum Überholen und wenn er dann merkt, dass die Lücke doch nicht reicht…Vollbremsung.
Hatte ich erwähnt das mein Magen zu 85% wieder fit ist? Nach dem Geruch des Staudenselleries ist mein Genesungsgrad schon auf 75% zurückgefallen. Durch diesen außerordentlichen Fahrstil verliere ich jede weitere Stunde 5%.

Wir kommen an, ich habe mich nicht übergeben. Meine Stoßgebete wurden scheinbar erhört.

Wir sind jetzt an dem Platz an dem wir aus dem Minivan ausgeladen werden. Die Amis werden in ein Tuktuk verladen und werden zur Fähre nach Koh Rong gebracht. Ich bin die Einzige die nach Koh Rong Sanloem möchte, die 3 Kambodschaner mit dem Staudensellerie sind weg.

Ich werde gefragt um wieviel Uhr ich das Boot nehmen möchte. Um 14 Uhr bitte; so wie verabredet. Ein Blick auf die Uhr. 13.55 Uhr. Ich soll bitte kurz warten fordert der höfliche Mann mich auf der hier scheinbar für die Logistik verantwortlich ist. Meinen großen Rucksack hab ich auf dem Rücken, den kleinen in der Hand.

Ich höre wie sich ein Roller nähert und erkenne den Logistik Mann. Nein! Das ist jetzt bitte nicht sein Ernst. Irgendwie versuche ich hinter ihm auf dem Roller Platz zu nehmen mit all meinem Krempel. Den kleinen Rucksack nimmt er mir ab. Danke. Ich kann mich nicht nach hinten lehnen um mich an den Griffen des Rollers festzuhalten. Dazu ist mein Rucksack zu schwer der mich nach hinten zieht. Bevor ich eine optimale Position gefunden habe feht es auch schon los. Mein Gleichgewichtssinn wird auf eine gabz neue Art und Weise auf die Probe gestellt. Natürlich fahren wir ohne Helm. Der Logistik Mann möchte sich noch mit mir unterhalten. Da ich aber so sehr damit beschäftigt bin keinen Rückwärtssalto vom Roller zu machen bin ich ihm die Antworten auf all seine Fragen schuldig geblieben.

Nach dem wir angekommen sind, ich mich kurz vergewissert habe das ich tatsächlich noch lebe und vom Roller gestiegen bin, bekomme ich eine Bootskarte in die Hand gedrückt. Eine in orange. Jeder der heute nach Koh Rong Sanloem fährt hat eine orange Karte, jeder der woanders hin will eine andersfabrige. Na Gott sei dank, man wird mich also aufhalten wenn ich Gefahr laufe ins falsche Boot zu springen.

Ich lande in einem Speedboat. 4 Plätze in der letzten Reihe, an der rechten ubd linken Seite davor jeweils 2 4er Sitze. So wie bei der KVB. Köln, du fehlst mir. Ich sitze außen, quasi am Fenster nur das es kein Fenster gibt weil alles offen ist, und fahre rückwärts. Das Boot ist voll aber auch diesmal hat auch jeder einen Platz für sich. Ich liebe dieses Boot fahren und freue mich als es losgeht.
Irgendwie scheint mir das Meer etwas aufgebracht und der Kapitän bittet uns doch sicherheitshalber mal die Schwimmwesten anzuziehen. Plötzlich finde ich das grelle orange auch gar nicht mehr allzu furchtbar, für den gegebenen Anlass gabz trendy. Und dann tragen wir alle den Einheitslook an Board. Die Wellen sind hoch, das kleine Boot fährt die großen Wellen hoch ubd kracht jedesmal auf das betonharte Wasser zurück. Zum Glück hab ich den „Fensterplatz“ denn auf dem Bootsrad gibt es so ein Metallding zum festhalten. Ich lege meinen Arm mal sicherheitshalber darauf. Sieht bestimmt lässig aus und im Fall der Fälle kann ich zupacken und mich vor dem Herausfallen retten.
Irgendwie wechseln wir die Richtung. Der Kapitän scheint sich auch nicht soooo sicher zu sein ob die Alternative „mit Vollgas drüber“ oder „abwarten und abdriften“ besser ist. Ich frage mich mal kurz wo er das wohl gelernt hat. Also ein Boot zu steuern. Ich hoffe er hat es überhaupt gelernt. Ich rede mir ein, dass er ganz sicher eine tolle Ausbildung hat. Nach deutschem Standard – die hat er mindestens. Ganz sicher!

Das Boot steht mittlerweile unter Wasser, von allen Seiten packen uns die Wellen. Orange entwickelt sich immer mehr zu meiner neuen Lieblingsfarbe und ich finde, dass mir die Schwimmweste ganz ausgezeichnet steht. Nach 1,5 Stunden erreichen wir den ersten Anlegepunkt. Nicht meinen. Aber immerhin sind wir schonmal an der richtigen Insel angekommen. 3 Leute steigen aus. Und…da stehen etwa 10 die einsteigen wollen. Alle Passagiere an Board wie auch die Crew (Kaptän plus 2 weitere) schauen nun doch etwas überrascht. Das verwunderlichste an der Sache ist: es handelt sich um lauter Omas und Opas. Also solche Mit Dauerwelle und wohl beleibt. Welche aus der westlichen Welt. Nach ein bisschen Diskussion steigen die Herrschaften hinzu. Gestaltet sich schwoerig so eine runde Omi auf ein wankendes Boot einzuladen die zuhause vermutlich mit nem Rollstor läuft. Ich sehe die alle schon ins Wasser plumpsen. Ein Glück, alle kommen unbeschadet an Board. Sitzplätze und Schwimmwesten sind aber leider aus.

Ist es risikoreich in dem Alter solch ein Abenteuer zu wagen? Irgendwie ist es ja sehr cool. Ich mache das später auch. Vielleicht nicht mit nem Rucksack aber vielleicht mit Koffer. Ist sicherer für das Blutdruckmessgerät und die Betablocker.
Ne, im Ernst. So lustig das auch aussah ich finde das echt Bombe und war für mich nochmal der Beweis dafür, dass es immer einen Weg gibt wenn der Wille da ist. Am nächsten Stop steige ich aus.

Ich bekomme die Instruktion einfach ein paar hundert Meter nach links zu laufen und dann käme ich schon an. Und genauso kommt es auch. Ich bekomme meinen kleinen Bungalow gezeigt. Hänge mein Moskitonetz auf und richte mich ein. Ich schaue mir das Gemeinschaftsbad an. Ein großer Raum mit ein paar Duschköpfen und Waschbecken. 2 Toilettenkabinen mit dunkelorangenem Spülwasser. Mir gefällt es.

Die erste Nacht, in der ich mal alleine schlafe. Kein 6er oder 8er Schlafsaal. Kein Nachtbus. Ein Traum.

Der Tag hat mich so geschafft mit dem ganzen Staudensellerie, der Roller Fahrt und der Todesangst auf dem Meer, dass ich um 8 beim Abendessen fast am Tisch einschlafe. Also ab ins Bett.

Heute hab ich den ganzen Tag am Meer verbracht. Der Strand liegt ja vor meiner Haustür. Außer nichts tun kann manhier auch nichts machen. Ich bin im Paradies. Morgen mache ich genauso weiter. Und wohin es übermorgen weiter geht…das weiß ich noch nicht.

Ich schicke euch ein bisschen Sonne. Will mal nicht so egoistisch sein. Meldet euch wenn sie angekommen ist!

Bis bald
Eure Julia


7 Gedanken zu “Weiter geht’s nach Koh Rong Sanloem 

  1. Hallo Julia!
    Was für ein Abenteuer. Ich höre dich schon sagen „Janini, mir ist da wieder was passiert“😂 Mach dir eine schöne Zeit. Mit ganz viel Freude und einem Grinsen im Gesicht verfolge ich deine Reise. Mach weiter so👍🏻 Aber pass schön auf dich auf!
    Ganz liebe Grüße
    Janine
    PS: Danke für den blauen Himmel und Sonnenschein ☀️

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  2. Die Sonne ist in Köln angekommen – auch wenn es wahrscheinlich 30 Grad kälter bei uns ist. Genieß die Sonne und das Meer und viel Spaß auf dieser Traum Insel!

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  3. Hahahahahahahahahahaha, was ne geile Story. Das bleibt unvergesslich und wenn du wieder kommst, ist dein Schreibtisch ausreichend mit Staudensellerie geschmückt.

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  4. Danke für die Sonne ☀️Und den blauen Himmel 🌌. Beides ist in Duisburg angekommen.

    Es ist herzerfrischend deinem Bericht zu folgen. Ich musste so 😂 und meine Katzen 🐱 haben mich angesehen als hätte ich den Verstand verloren.

    Julia du bist für mich die Größte. Erhol dich und lass die Seele baumeln. Das ist wichtig. Pass bitte auf dich auf und komm heile wieder.

    Und Marco. Wenn du das machst komme ich persönlich nach Köln und verhaue dich. 😡

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  5. Super Bericht. Habe eine vergnügliche Mittagspause mit dem Lesen verbracht. Hatte das Gefühl mit im Boot zu sitzen und suchte unterm Schreibtisch nach der Rettungsweste. Lach. Und die Sonne ist tatsächlich hier und strahlt am blauen Himmel. Viel Spaß weiterhin und gute Erholung.

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  6. Wunderbare Berichte von einer mutigen und einfühlsamen Frau. Herzliche Grüße und noch viele gute Erfahrungen. Ingrid Lange

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