Phnom Penh

 

Heute ist mein letzter Abend in Phnom Penh. Mein ursprünglicher Plan war es für 2 Nächte hier zu bleiben. Daraus sind nun 4 geworden.
Nachdem ich hier vor ein paar Tagen mit dem Nachtbus angekommen bin habe ich den Tag gleich genutzt um das zu tun was mich zu meiner Reise nach Kambodscha bewegt hat.

Ich habe mir das Tuol-Sleng-Genozid-Museum angeschaut und die Killing fields.
Ich sage euch nur soviel: Das war mit Abstand das Schlimmste was ich je gesehen habe. In den 70ern gab es hier einen Völkermord. Schätzungen zufolge wurde ca. Die Hälfte der Bevölkerung Kambodschas auf brutalste Art und Weise ermordet. Wer mehr zu der Geschichte wissen möchte mag sich bitte etwas zu der roten Khmer belesen. Ich bin an dieser Stelle nicht in der Lage die Informationen und Tatsachen und Vermutungen zusammen zu tragen die die Geschehnisse mit sich brachten. Es ist sehr tragisch und grausam und so unsagbar, dass diese Ereignisse stattgefunden haben. Und es ist ebenso unsagbar, dass diese Geschichte bis heute teilweise verleugnet wird und nicht gelehrt wird.
Das Museum das ich besuchte war ganz ursprünglich eine Schule. Diese wurde später zu einer brutalen Folterstätte durch die Rote Khmer „umfunktioniert“.
Ich habe die Folterräume gesehen. Die kleinen gemauerten Zellen. Die Folterinstrumente. Die Blutflecken an der Wand. Vor 40 Jahren war die Stadt, in der ich heute sitze, nahezu ausgerottet. Jeder der zu intelligent war, eine Brille trug oder eine zweite Sprache sprach widerstrebte der Vorstellung der roten Khmer unter der Leitung Pol Pots. Die rote Khmer wollte eine Bauernbevölkerung deshalb mussten die Städte weg.
Die rote Khmer handelte nach der Vorstellung, dass es besser sei einen Unschuldigen zuviel zu töten als das Risiko einzugehen einen „Verräter“ zuviel am Leben zu lassen.
Sowohl in dem Museum als auch auf den Killing Fields bekam jeder Besucher einen Audioguide und konnte die Erklärungen in seiner Sprache hören und die Besichtigung in seinem Tempo machen. Eine sehr gelungene Lösung!
Der Besuch in dem Museum hat mich sehr betroffen gemacht. Ich war sehr froh diese Tour alleine gemacht zu haben. Jeder der mich kennt ahnt vermutlich, dass das ein sehr tränenreicher Tag für mich war. Obwohl ich selbst aus einem Land mit brutaler Kriegsvergangenheit komme hat mich das große Entsetzen gepackt. Warum wird der ganzen Welt gelehrt wie grausam Hitler war? Ich maße mir nicht an Vergleiche herzustellen aber die Opfer der roten Khmer haben das Gedenken ebenso verdient!
Die Killing Fields sind die Massengräber. Die Menschen wurden unter falschen Vorwänden dort hin gebracht um dort auf sehr brutale Art und Weise ermordet zu werden. Kinder wurden an den Füßen gepackt und so lange gegen einen Baum geschlagen bis sie starben. Ein Augenzeuge wurde in dem Audio Guide zitiert, dass er den Baum vorfand…voll mit Gehirnmasse und Knochenstücken. Es fällt mir sehr schwer das wiederzugeben obwohl es schon ein paar Tage her ist, dass ich das gesehen habe. Aus den Massengräbern kommen noch heute Kleidungsreste und Knochen der Opfer an die Oberfläche wenn es geregnet hat. Diese werden regelmäßig eingesammelt und präpariert um den Opfern wenigstens im Letzten ein bisschen Würde erweisen zu können.
Die Menschen wurden auf brutale Art und Weise ermordet. Es galt, Munition zu sparen.

Ich habe ein paar Fotos gemacht aber bitte euch zu verstehen,dass ich mich damit etwas schwer tue sie online zu stellen. Mir gelingt es nicht herauszufinden ob es eher dazu beiträgt die Geschichte bekannter zu machen oder eher der Entwürdigung der Opfer.

An den Killing Fields wurde eine Gedenkstätte errichtet in der die Knochen der Opfer hinter Glaswänden ausgestellt werden. Das war hart. Aber wisst ihr was mich noch mehr berührt hat?
Die Fotos der Gefangenen in der Folterstätte die von jedem späteren Opfer bei Ankunft gemacht wurden. Den Tod zu sehen ist schrecklich. Aber das Lachen zu sehen das es seither nie wieder gab…in die Augen zu sehen die vielleicht an jenem Tag das letzte mal die Sonne gesehen haben…das Kind zu sehen, das nicht groß werden durfte…die Frau die Ihren Mann nie wieder sah…den Mann der nicht wusste was mit ihm passiert…alles das was es ab dem Tag nicht mehr gab. Die Menschen die in den Folgenden Tagen nach dem Foto starben und mit ihrer Person das zeigen was der Welt genommen wurde…das traf mich noch härter.

Am Ende beider Stätten wurde ich gebeten mich nun als einer derer zu verstehen die diese Geschichte kennen und darüber zu berichten

Ich bitte euch daher, dass ihr euch vielleicht bei Gelegenheit mal einen Moment Zeit nehmt um euch damit auseinander zu setzen und einen Moment findet der Opfer zu gedenken.

Ich wünsche mir so sehr, dass das nicht passiert ist. Genau wie ich mir wünsche das es so viele andere Kriege und Ungerechtigkeiten nicht gegeben hat. Aber ich kann es nicht ändern und das bricht mir das Herz. Wir müssen nur alle dafür sorgen, dass so etwas nie, nie wieder passiert.
Ich bin mir nur leider nicht sicher ob die Menschen genau das tun z.b. mit ihren politischen Wahlen.

Die Welt ist ohne das zutun aller einzelner von uns schon ungerecht genug. Wir beklagen den Regen und schimpfen und wüten. Während andere Menschen auf unserer Erde leben und verdursten. Denkt immer daran…bei uns fällt das Wasser vom Himmel. Wir sollten dankbarer sein.

Ich bin ein bisschen weggekommen vom eigentlichen Thema. Aber das doch sehr einfache Leben hier gibt mir zu denken. Hier kümmert es niemanden welche Kleidung er trägt und welche Kleidung du trägst. Hier zählt es, dass du etwas zum Tragen hast. Wir sollten uns mehr um das Wesentliche im Leben kümmern. Menschlichkeit, Liebe und dss Miteinander. Wir sollten aufhören unseren Erfolg in Geld zu bemessen. Es gibt Größen, die sind einfach so viel größer!

Wenn du dein Herz am rechten Fleck hast und deine Mitmenschen schätzt und liebst ist das doch so viel wertvoller als die Tatsache, dass deine Socken zur Unterhose passen.

Nun noch ganz kurz:
Ich bin zwei Tage länger geblieben da ich mir den Magen verdorben hatte. Jetzt bin ich wieder ok und reise morgen früh nach Koh Rong Sanloem. Dort habe ich mir ein kleines Bungalow reserviert. Ich weiß nicht ob ich dort Internet habe.
Ich melde mich wieder sobald es etwas zu erzählen gibt.

Bis bald. Ihr fehlt mir!
Eure Julia

Ps. Das Bild in diesem Beitrag zeigt den Eingang zu den Killing Fields.


4 Gedanken zu “Phnom Penh

  1. Es hat mir eine Gänsehaut bereitet deinen Bericht zu lesen. Von den Rote Khmer und deren Grausamkeiten habe ich zwar gehört, mir aber kein Bild gemacht wie schrecklich es war. Wenn ich bei dir gewesen wäre hätten wir gemeinsam geweint. Es ist schrecklich was Menschen Menschen antun können.

    Danke für deine einfühlsamen Worte

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  2. Hallo Julia, für mich ist das der beste Bericht deiner gesamten Reise. Die Eindrücke, die du wider gibst, einmalig. Es spricht für Dich, dass Du von Deinen Tränen sprichst. Es zeigt, dass Du zu den wenigen Menschen zählst, die sich ihrer Betroffenheit nicht schämen.. Und das Gefühl gefällt mir an Dir.
    Bleib weiterhin so weltoffen, kleine Schritte schaffen einen langen Weg…
    Liebe Grüße aus dem Süden
    Rainer

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